Die idyllische Landschaft der Sächsischen Schweiz steht vor einer großen Herausforderung: Seit dem 7. November 2024 ist die wichtige Elbbrücke in Bad Schandau für den gesamten Verkehr gesperrt. Diese unerwartete Maßnahme hat weitreichende Folgen für den ÖPNV und damit für alle Anwohner, Pendler und Touristen in der Region. Doch was steckt hinter der Sperrung und welche Lösungen gibt es für die Verkehrsprobleme?
Warum wurde die Elbbrücke gesperrt?
Bei einer Sonderprüfung der 1977 erbauten Brücke wurden bedenkliche Risse im verbauten Hennigsdorfer Spannstahl entdeckt. Dieser Stahl ist bekannt für seine Anfälligkeit für Korrosion und Spannungsrisse. Die Sperrung erfolgte vorsorglich und auf unbestimmte Zeit, um die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer zu gewährleisten. Die Brücke soll nun umfassend untersucht werden, um ihre Standsicherheit zu überprüfen. Bis mindestens Ende 2024 bleibt die Querung für den kompletten Verkehr dicht. Eine dauerhafte Sperrung ist aufgrund zu Parallelen zwischen den Brücken in Bad Schandau und Dresden jedoch nicht auszuschließen.
Vor dem Bau der Elbbrücke in Bad Schandau war der Verkehr in der Region stark eingeschränkt. Die Elbe stellte eine natürliche Barriere dar, die nur durch Fähren oder lange Umwege überwunden werden konnte. Im Jahr 1877 wurde die Königin-Carola-Brücke (heute nur noch Carolabrücke) in Bad Schandau erbaut um erstmals eine gemeinsame Überfahrt für Züge und den Individualverkehr zur ermöglichen. Doch die Lage der Brücke und fehlende Sanierungsmaßnahmen schränkten den Verkehr zunehmend ein. So wurde 1977 die Elbbrücke Bad Schandau eröffnet. Diese stellte einen Meilenstein für die Infrastruktur der Sächsischen Schweiz dar und erleichterte den Verkehr zwischen den Elbufern erheblich. Anfang der 1990er Jahre wurde die PKW-Fahrbahn auf der benachbarten Carolabrücke schließlich zurückgebaut und nur die Hälfte für den Zugverkehr erneuert.
Die Elbbrücke von 1977 scheint jetzt aber ebenfalls ihr Lebensende erreicht zu haben. Ein nötiger Neubau der Brücke ist durchaus denkbar und steht zugleich vor besonderen Herausforderungen. Bad Schandau liegt im Herzen des Nationalparks Sächsische Schweiz, einem ökologisch sensiblen Gebiet. Strenge Naturschutzauflagen und komplexe Genehmigungsverfahren könnten den Bau einer neuen Brücke erheblich verzögern. Erfahrungsgemäß kann die Planung und Umsetzung eines solchen Projekts mehrere Jahre wenn nicht gar Jahrzehnte in Anspruch nehmen.
Mögliche alternativen auf dem Wasser?
Eine naheliegende Lösung wäre die Einrichtung eines umfangreicheren Fährverkehrs entlang der Elbe. Doch wie sieht es mit Längsverkehr auf der Elbe aus? Längsverkehr auf einem Fluss ist vergleichbar mit einer Buslinie die verschiedene Orte nacheinander anfährt. In Deutschland gibt es durchaus Beispiele für Schiffslinien auf Flüssen, wie etwa die Fahrgastschifffahrt auf dem Rhein. Allerdings ist die Situation auf der Elbe zwischen Dresden und Bad Schandau anders: Niedrigwasser im Sommer und Hochwasser im Winter erschweren einen regelmäßigen Schiffsverkehr. Mit dem Wanderschiff gibt es schon einen ähnlichen Ansatz in der Region. Der dient jedoch vorrangig touristischen Zwecken und müsste weiter ausgebaut und zeitlich verstärkt werden.
Ein dichteres Netz aus Querfähren (von Ufer zu Ufer) könnte eine temporäre Lösung sein. Es gibt bereits eine Fähre vom Elbkai zum Nationalparkbahnhof. Diese könnte um benachbarte Fähren ergänzt werden. Allerdings müssten dafür die rechtlichen Rahmenbedingungen geschaffen werden. Laut dem Wasserhaushaltsgesetz und den Landeswassergesetzen bedarf der Betrieb einer Fähre in Deutschland einer wasserrechtlichen Genehmigung, was entsprechende Laufzeiten und Geduld voraussetzt.
Eine unkonventionelle Idee wäre der Einsatz von Wasserbussen – Fahrzeugen, die sowohl an Land als auch im Wasser fahren können. Solche Amphibienfahrzeuge werden bereits in einigen Städten (wie etwa Rotterdam) für Stadtrundfahrten eingesetzt. Für den Alltagsverkehr in der Sächsischen Schweiz wären sie jedoch eine Neuheit und müssten erst auf ihre Praxistauglichkeit geprüft werden. Auch eine Autofähre könnte eine Option sein. Allerdings gelten für den Betrieb von Autofähren strenge Vorschriften und es müssten bauliche Maßnahmen im Bereich der bestehenden Fähre ergriffen werden, was kurzfristig nur bedingt realisierbar ist.
Fazit: Kreative Lösungen sind jetzt gefragt
Die Sperrung der Elbbrücke in Bad Schandau stellt die Region vor große Herausforderungen. Kurzfristig sind kreative Lösungen gefragt, um den Verkehr aufrechtzuerhalten. Mittelfristig ist die Verlängerung der Kirnitzschtalbahn (Straßenbahn) über die benachbarte Carolabrücke zum Nationalparkbahnhof vorgesehen. Der Prozess ist bereits im Gange, doch ohne die nötigen Finanzhilfen wird hier eine Beschleunigung kaum möglich sein. Es besteht jedoch die Hoffnung das (bedingt durch die neue Ausgangslage) hier Möglichkeiten gefunden werden.
Eine langfristige neue Brückenlösung für alle Verkehrsteilnehmer, die den Anforderungen des Naturschutzes gerecht wird, ist unabdingbar. Die Ausgangslage und der im Sommer 2025 bevorstehende Tourismus erfordern jedoch ein schnelles, nachhaltiges und kreatives denken von allen Beteiligten. Die kommenden Monate werden zeigen, wie flexibel und innovativ die Region auf diese unerwartete Situation reagiert.
Im schlimmsten Fall wird die bestehende (aber aktuell gesperrte) Elbbrücke abgerissen und es dauert bis zu 10 Jahre, bevor eine neue fertig gestellt werden kann. Dies würde eine langfristige Teilung des Busverkehrs und eine Zentrierung auf eine einzelne Fähre als Nadelöhr bedeuten. Für Besucher der Sächsischen Schweiz bedeutet die aktuelle Lage, sich vor der Anreise gut über die Verkehrssituation zu informieren und alternative Routen über Pirna oder Děčín einzuplanen. Der einfachste Weg ist die Anreise per S-Bahn und die Überfahrt mit der bestehenden Fähre. Vom Elbkai aus verkehren verschiedene Buslinien zu den touristischen Hauptzielen des Nationalparks.
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