Die Kirnitzschtalbahn, ein historisches Juwel der Sächsischen Schweiz, steht vor einer spannenden Zukunft. Als Mobilitätsenthusiast bin ich immer wieder begeistert von Projekten, die bestehende Verkehrsmittel mit innovativen Konzepten in Einklang bringen. Die geplante Erweiterung dieser traditionsreichen Bahn im Ort Bad Schandau ist ein perfektes Beispiel dafür, wie der öffentliche Nahverkehr zukunftsweisend gestaltet werden kann.
Eine Segen für die Region und den Tourismus
Im Jahr 1898 kam man in der Sächsischen Schweiz auf die Idee, eine Straßenbahn durch das Kirnitzschtal zu bauen, um die Region für den Tourismus leichter zugänglich zu machen. Ursprünglich plante man viel größer und sah eine Ringlinie vom Regionalbahnhof auf der anderen Elbseite über das Kirnitzschtal bis zur Böhmischen Schweiz und zurück vor. Doch fehlende Finanzmittel und die beiden Weltkriege sorgten dafür, dass die Pläne seit über hundert Jahren unvollendet sind.
Doch in den vergangenen Jahren rückte (bedingt durch fehlende Parkmöglichkeiten im Kirnitzschtal) das Thema wieder in den Fokus der Region und es folgte 2022 eine neue Machbarkeitsstudie. Diese empfiehlt eine Verlängerung der Kirnitzschtalbahn vom bisherigen Endpunkt im Kurpark Bad Schandau bis zum Nationalparkbahnhof.
Die favorisierte Trasse verläuft dabei bis zur Therme und von da an entlang des Elbufers, bevor es über die Eisenbahnbrücke zum Nationalpark-Bahnhof geht. Dabei besteht eine realistische Chance, die Straßenbahn auf großen Teilen losgelöst vom KFZ-Verkehr fahren zu lassen und auch den bestehenden Mobilitätsknoten am Elbkai (wo sich aktuell Busse und die Fähren treffen) sinnvoll einzubinden.
Staufrei und klimafreundlich zum Wandern
Die Verlängerung der Kirnitzschtalbahn bringt auch Herausforderungen mit sich. Um den Traum der Gemeinde von einem PKW-freien Kirnitzschtal zu erreichen, müssen Konflikte mit dem Naturschutz gelöst und der Hochwasserschutz berücksichtigt werden. Zudem erfordert die Umsetzung den größten Bedarf an neuen Verkehrs- und Grundstücksflächen. Trotz dieser Hürden scheint die Elbufer-Variante aus verkehrlicher Sicht die sinnvollste Option zu sein.
Ebenfalls planungsintensiver Punkt ist das Thema Elbquerung. Da die KFZ-Brücke statisch nicht in der Lage ist eine Straßenbahn aufzunehmen, muss die neue Trasse zwangsweise über die bestehende Carolabrücke geführt werden. Diese bestand seit ihrer Erbauung aus zwei Teilbrücken, einer für den KFZ-Verkehr und einer für den Zugverkehr. Nach Fertigstellung der neuen „Elbbrücke Bad Schandau“ wurde der ehemalige KFZ-Streifen auf der Carolabrücke entfernt und blieb bis heute frei.
Das ist ein Glücksumstand für die Gemeinde, denn die Lücke eignet sich ideal für eine neue Straßenbahnbrücke. So kann bequem der bestehenden S- und Fernbahnhof auf der anderen Elbseite zu erreichen, der ebenfalls ein Umsteigeknoten ist.
Ein zukunftsweisendes Projekt für die Region
Ein besonderer Charme des Konzepts liegt in der Kombination von Alt und Neu. Die historischen Fahrzeuge sollen weiterhin auf der touristischen Strecke im Kirnitzschtal verkehren und so den nostalgischen Charme bewahren. Für die Verlängerung nach Bad Schandau sind dagegen moderne, barrierefreie Hybrid-Fahrzeuge vorgesehen. Diese neuen Straßenbahnen können sowohl mit Oberleitung als auch auf Streckenabschnitten ohne elektrische Versorgung fahren.
Hintergrund ist weniger die neue Streckenführung durch Bad Schandau, sondern eine Verlängerung am anderen der Strecke, die ebenfalls angestrebt wird. Der Abschnitt zwischen dem bisherigen Endpunkt „Lichtenheiner Wasserfall“ und der „Neumannmühle“ soll mit der Hybrid-Straßenbahn (auf Akku-Basis) erschlossen werden. Das ermöglicht eine flexible Streckenführung und reduziert den Aufwand für die Infrastruktur. Zudem passen sich die Hybrid-Fahrzeuge perfekt in das Konzept einer nachhaltigen Mobilität ein, das auch auf der InnoTrans 2024 stark im Fokus stand.
Die geplante Erweiterung der Kirnitzschtalbahn ist aus meiner Sicht ein spannendes und zukunftsweisendes Projekt. Es verbindet auf clevere Weise den Erhalt eines beliebten Verkehrsmittels mit den Anforderungen an einen modernen ÖPNV. Wenn das Projekt gelingt, könnte es ein Vorbild für andere touristische Regionen werden.
Titelbild © kurz-gereist.de | Kartenmaterial © OpenStreetMap Mitwirkende | Quelle